Mittwoch, 6. November 2013

Lean Orchestra Management

Ein Vorstandsmitglied eines Großunternehmens hatte Konzertkarten für Schuberts unvollendete Symphonie bekommen. Er war verhindert und gab die Karten seinem Fachmann für Arbeitsstudien und Personalplanung. Am nächsten Morgen fragte das Vorstandsmitglied den Mitarbeiter, wie ihm das Konzert gefallen habe. Und anstelle einer Pauschalkritik überreichte ihm der Experte für Arbeitszeitstudien und Personalplanung ein Memorandum in dem es heißt:



a) Für einen beträchtlichen Zeitraum hatten die vier Oboespieler nichts zu tun. Ihr Part sollte deshalb reduziert, ihre Arbeit auf das ganze Orchester verteilt werden. Dadurch würden auf den Fall gewisse Arbeitszusammenballungen eliminiert werden.

b) Alle zwölf Geiger spielten die gleichen Noten. Das ist unnötige Doppelarbeit. Die Mitgliederzahl dieser Gruppe sollte drastisch gekürzt werden. Falls wirklich ein großes Klangvolumen erforderlich ist, kann dies durch elektronische Verstärker erzielt werden.

c) Erhebliche Arbeitskraft kostete auch das Spielen der Zweiunddreißigstelnoten. Das ist eine unnötige Verfeinerung. Es wird deshalb empfohlen, alle Noten auf- bzw. abzurunden. Würde man diesem Vorschlag folgen, wäre es möglich, Volontäre und andere Hilfskräfte einzusetzen.

d) Unnütz ist es, daß die Hörner genau jene Passagen wiederholen, die bereits von den Saiteninstrumenten ge-spielt wurden. Würden alle überflüssigen Passagen gestrichen, könnte das Konzert von 25 auf 4 Minuten verkürzt werden.

Hätte Schubert sich an diese Erkenntnisse gehalten, wäre er wahrscheinlich imstande gewesen, seine Symphonie zu vollenden.

aus Nachrichten Parität 5-6 1996

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